Maria W. schreibt:
Guntersdorf Juni 2009

Eine Nacht in Guntersdorf

Heute Nacht schlafen bei mir: Der lackschwarze Batista, das 80 kg Doggen-Riesenbaby, die kleine schwarze Dackeldame Babi und der alte, liebe Schäfermixrüde Mischou. Bastista liegt auf der 3-er Couch (die braucht er auch). Klein-Babi hat es sich im Sessel gemütlich gemacht. Mischou liegt entspannt im Hundekorb und lässt seine Vorderpfoten rausbaumeln. Mitten in der Nacht weckt mich meine volle Blase. Ich mache das Licht an. In zwei Riesensätzen ist Batista an meinem Bett: ‚Endlich bist Du wach, komm lass uns spielen’. Dabei hüpft er erwartungsvoll rum und tritt Mischou auf die Pfote. Der jault laut auf. Ein 24-faches Echo ertönt aus dem Wohnzimmer, wo der Rest der Bande nächtigt. Jetzt sind alle hellwach. Batista legt seine Stirn sorgenvoll in Falten und stupst vorsichtig Mischous Schnauze. Ich kontrolliere die Pfote, alles o.k. Es war wohl mehr Schreck als Schmerz. Mittlerweile herrscht wieder Ruhe im Haus. So, jetzt schnell zur Toilette. Als ich zurück ins Schlafzimmer komme, hat Batista schon wieder Sorgenfalten: Es liegt lang ausgestreckt auf dem Boden vor der Couch und blickt verzweifelt hoch: Dackeldame Babi, liegt mittig auf der der 3-sitzer Couch und täuscht Tiefschlaf vor. Keines meiner Worte kann sie bewegen, ihren Platz zu verlassen. Also trage ich den Zwerg zurück in seinen Sessel. Blitzfix hüpft Batista zurück auf die Couch. Seine Kummerfalten sind verschwunden. Als ich das Licht lösche höre ich noch Bastistas tiefes, wohliges Brummen.

 

Ein Regentag in Guntersdorf

Vorgestern Regen. Gestern Regen. Heute die Variante: Regen wie aus Kübeln. Keiner mag runter von den Couchen, keiner mag raus aus dem Wohnzimmer. Auch Dogge Batista nicht. Aber er will spielen. Erst versucht er durch zärtliches Nackenzwicken seine Spielfreundin Nelly zum Toben zu animieren. Die will aber nicht. Langsam wird es unruhig. Bärbel kommt unter ihrer Decke hervor und knurrt. Inzwischen ist Batista mindestens zweimal kopfüber von der Couch gekugelt. Er sucht ein neues Opfer… das ist Maxi, der kleine Jagdhund. Er hat es sich auf meinem Schoß gemütlich gemacht und schläft tief und fest. Batista nimmt seinen kompletten Kopf ins Maul und nuckelt an ihm rum. Nur noch Maxis Ohren schauenraus. Der schläft aber einfach weiter. Mit Kummerfalten auf der Stirn trottelt Batista ab. Maxis Kopf sackt schlabbernass auf meinen Schoß. Ich greife nach der Küchenrolle im Regal über mir. Sofort ist Batista wieder bei mir und schnappt sich die Rolle, wirft sie in die Luft. Sie landet auf dem alten Fierek, der erbost anfängt zu knurren, kräftig unterstützt von der bellenden Bärbel.

Eh Batista das ganze Rudel weiter aufmischt, ziehe ich die Regenjacke an, packe mir einen Spielstrick und gehe raus. 80 kg Junghundpower folgen mir. Mit meinen Wurfkünsten ist es nicht weit her…. Aber artig bringt er den Strick immer wieder zurück zu mir. Dafür muss er gerade mal drei Sätze machen…. Mein Arm wird müde, aber nicht der Hund.

Ich gehe ins Haus zurück, vielleicht kann ich doch Nelli oder Maxi zum Toben im Regen animieren. Inzwischen hat irgendwer die Küchenrolle in tausend Fetzen zerlegt. Ok. mach ich gleich weg. Maxi hat ausgeschlafen und geht mit raus. Eine wilde Hatz um den Spielstrick beginnt. Dabei flitzen Batista und Maxi im Eifer des Gefechtes durch einen Riesenhaufen. Schnell die Haustür zumachen, damit sie den Schiet nicht ins Haus schleppen. Ich hol im Schuppen die Schaufeln und beginne Haufen einzusammeln. Schöne, durchgeweichte, die man richtig aus dem Gras klauben muss. Macht echt Spass. 24 Hunde die 2 x pro Tag 2 Haufen machen. Macht 48 Haufen pro Tag verteilt auf ca. 3000 qm. Und dann noch der Kübelregen. Gerade als ich mich bücke, toben 100 kg Hund knapp 10 cm an mir vorbei. Ich krieg eine volle Ladung Schlamm ab und kipp fast vornüber in den Haufen. Fortan warte ich bei jedem Bücken, bis die beiden Irren weiter weg sind. Das sind sie aber selten, weil sie am liebsten um mich herumtoben. Das kostet Zeit. Nach einer knappen Stunde bin ich endlich fertig mit einsammeln und klatschnass. Die beiden haben genug vom Toben. Ich öffne die Haustür und trete gemeinsam mit den Hunden in eine Riesenpfütze im Flur. Die Tür war halt zu. Und einer musste mal. Nach dem See zu urteilen einer von den großen. Schnell die Wohnzimmertür zumachen, damit Maxi und Batista nichts ins Wohnzimmer tragen. Jetzt schnell in die Waschküche Putzzeug holen. Na da wollen Maxi und Batista zufällig auch hin. 100 kg Hund von der Waschküchentür wegziehen, rein in die Waschküche, Schuhe aus, Zeug rausholen, Schuhe an, zurück in den Flur und die Hunde nach draußen katapultieren. Die wollen aber nicht wieder in den Regen. Erst 20 kg Maxi rausschieben. Dann 80 kg Batista. Da schlüpft Maxi zwischen Batistas Beinen wieder ein. Nach gefühlten 10 Minuten hab ich sie endlich beide draußen. Jetzt Flur sauber machen und meine Schuhe und zurück in die Waschküche. Ich bin schweißgebadet. Nun die klatschnassen Hunde in den Flur holen und abtrocknen. Jetzt dürfen sie wieder zu den anderen ins Wohnzimmer. Ich öffne die Tür. In den tausend Fetzen der Küchenrolle liegt ein großer Haufen. Klar, die Tür war zu…. Alle Hunde freuen sich, dass ich wieder da bin und stürmen auf mich zu. Ich hechte zum Haufen und stell mich drüber damit keiner reintrampelt. Nee, nicht auch noch das ganze Wohnzimmer schrubben heute… Und ich höre ein klägliches Winseln. Mir wird langsam echt heiss. Der alte Mischou ist in den Ritz zwischen zwei Couchen gerutscht und steckt fest. Mit den Fetzen der Küchenrolle im Umkreis des Haufens klaube ich selbigen zusammen, lege ihn schnell auf eine Zeitung im Regal damit ich Mischou befreien kann. Nun, die Fetzen waren nicht dicht genug….. Schnell zu Waschküche, Hände schrubben und dann Mischou befreien… Neue Küchenrolle aus der Kammer holen, Haufen einwickeln, raus in den Regen und alles in die große Kack-Tonne werfen... Als ich endlich im Wohnzimmer die Fetzen der Küchenrolle aufgefegt habe, sinke ich zwischen die Hunde auf die Couch. Die lassen mir aber keine Ruhe und hampeln auf und neben mir rum. Ich schau auf die Uhr: Es ist Abend. Alle haben Hunger. Ich steh auf und geh zu Gerdi in die Küche.

Spät abends, als ich ermattet zwischen den Hunden auf dem Sofa liege, ruft mein Herzallerliebster an. Was machst Du gerade fragt er. Du ich lieg hier auf der Couch. Neben, hinter und auf mir liegen Hunde. Ach sagt er, das gönn ich dir Schatz, nach den letzten hektischen Wochen zu Hause hast Du Dir wirklich ein paar entspannte Tage verdient. Du wirst mit neuen Kräften nach Hause kommen.

 

Ein Abend in Guntersdorf

Es ist mal wieder spät geworden. Alle Tiere sind gefüttert. Alle waren draußen, um ihre Geschäfte zu erledigen. Alle Wassernäpfe sind gefüllt. Alle Pillen sind verteilt (in Frischkäse getarnt) Jetzt sind auch die Menschen satt. Denn Gerdi hat, wie immer, aus dem was da ist, in Windeseile, etwas total leckeres, vegetarisches gezaubert. Es gibt auch etwas Leberkäs im Kühlschrank, aber der ist nur für diejenigen Hunde, die ihre Pillen nicht mal in Frischkäse nehmen…..

Die stille Stunde beginnt. Gerdi und ich legen uns, ziemlich groggy vom Tagwerk, auf die Couchen im Wohnzimmer, zu den zufrieden schlafenden Hunden. Schnell sind wir belagert, Pfoten und Schnauzen, Beine und Köpfe suchen Körperkontakt und streichelnde Hände. Das sind die Momente, in denen ich die Antwort finde, wieso ich mir diesen Urlaub der besonderen Art antue. Nix am Pool liegen, nix Schampus trinken, hab ich alles gehabt. Aber das macht die Seele nicht satt. Kann Scheiße schaufeln, Pisse wischen und Futterschüsseln schrubben glücklich machen?

Am zweiten Abend schenkt Mons, der große, schlanke, sehr zurückhaltende Doggenrüde, mir ein erstes Zeichen seiner Zuneigung. Er, der mich 2 Tage lang mit seinen großen, traurigen Augen vorsichtig beobachtet hat, legt seine Pfote neben mein Knie. Ich könnte heulen vor Glück. Nach 10 Minuten ist die Pfote dann auf meinem Knie, und kurz drauf sein ganzer Kopf. Lieber Mons, ich danke Dir für Dein Vertrauen. Wer sich für Dich entscheidet, findet einen Pol der Ruhe, Zuneigung und Zärtlichkeit, wenn er dir Zeit lässt und dich niemals bedrängt. Schade, dass ich dieser Mensch nicht sein kann, lieber Mons.

Mischou, der alte kleine Schäferhund-Mix trägt seinen Kopf etwas schief und stampft tapfer hinter mir her. Seine Beine wollen nicht mehr ganz so schnell, wie er will. Wenn ich irgendwo stehen bleibe, setzt er sich neben mich und lehnt sich bescheiden an. Allzu viel Zeit wird ihm nicht bleiben. Ich bin sehr gerührt, als er mir am letzten Abend gestattet, auf dem Rücken liegend seinen Bauch zu kraulen. Dir wünsche ich ganz schnell ‚Deinen Menschen’, lieber Mischou. Nicht die Tage, Monate und Jahre bestimmen den Wert einer Beziehung, sondern die Intensität.

Maxi, der kleine Jagdhund, der so aussieht als ob sein ‚Frack’ in der Waschmaschine etwas ausgeblichen wäre, ist wahrlich nicht der schlaueste. Aber wo ich vor drei Tagen mal ein Leckerli abgelegt habe, das vergisst er nicht, Da kontrolliert er immer mal wieder, ob es nicht doch noch da liegt. Er hat neurologische Störungen, manchmal knickt sein Vorderpfötchen einfach weg. Aber niemals, wenn er mit seinem großen Kumpel, der Dogge Batista herumtobt und um den Spielstrick balgt. Ein kleiner, fröhlicher, zärtlicher Kerl. Neulich, als er gerade eingeschlafen war, ist er einfach von der Couch gefallen. Und ohne wach zu werden hat er gleich auf dem Boden weitergeschlafen. Das ist Maxi. Und noch nie habe ich einen Hund erlebt, der so entspannt und geschmeidig im Arm liegt, so vorsichtig seine Nase in deinen Haaren vergräbt und Zärtlichkeiten austeilt. Fast wie eine Katze. Lieber Maxi, meine alte Jagdhund-Dame würde Dich lieben, aber mein spanischer Macho-Rüde würde Dich leider hassen. Du wirst einen anderen Menschen sehr, sehr glücklich machen.

Batista, der lackschwarze schöne Riese ist derzeit das Problemkind des Rudels. In den 11 Monaten seines Lebens hat er fast nur an der Kette gehangen. Jetzt ist er frei und will all das nachholen, was einem Junghund zusteht. Mit seinem unbändigen Temperament und seiner Tollpatschigkeit geht der Riesenkindskopf den übrigen Rudelmitgliedern gehörig auf die Nerven. Das baut Spannungen auf. Nun Batista scheint es nicht zu kümmern, das 1x1 hündischer Benimmregeln ist ihm nicht wirklich bekannt. Hauptsache er kann mit Maxi oder der Doggenhündin Nelli herumtoben. Da entwickelt er eine unbändige Lebensfreude: Es ist schon ein Gefühl der besonderen Art wenn er in Riesensätzen in vollem Spurt an Dir vorbeidonnert. Da geht einem das Herz über.
Es spricht sehr für seinen Charakter, dass er trotz Kettenleben nicht aggressiv geworden ist.
Bei seinem Temperament muss es eine besondere Qual gewesen sein. Wer sich dieses Bild von einem Hund holt, hat noch etwas Arbeit vor sich. Wer sich auf ihn einlässt braucht, Geduld, Standing und ein großes Gelände. Dafür bekommt man einen ungeschliffenen Rohdiamanten, der fast noch sein ganzes Hundeleben vor sich hat.

Damit nachts Ruhe im Rudel ist, kommt er in mein Schlafzimmer. Dort sitzen wir noch ein wenig nebeneinander auf der Couch. Sein Hinterteil hockt auf den Polstern, die Hinterbeine berühren fast den Boden, seine Vorderbeine stehen auf dem Boden. Ich leg den Arm um ihn. Ich bin nicht klein, muss mich aber ziemlich aufrichten um ihm in sein Riesenohr zu flüstern, dass ich hundemüde bin, wir jetzt nicht mehr spielen, sondern ein schönes Schläferchen machen werden. Jeder in seinem Bett, mein lieber Muckelbär ! Und da beugt er sich runter und schlabbert mir voll durch mein frisch gecremtes Gesicht. Meine naturkosmetische Nachtcreme scheint ihm zu munden. Trotz meines lachenden Protestes hört er erst auf, als wirklich alles abgeschleckt ist. Ich nehm die Tempos vom Nachttisch, wisch den Doggensabber ab und will ins Bad, waschen und neu cremen. Da steht er schon wieder erwartungsvoll wedelnd vor mir: Machst Du das Spiel noch mal mit mir? Ich dreh mich resigniert um, greif mir noch zwei Tempos, falle ins Bett und schlaf sofort ein. Das kann Dir passieren in Gunterdorf!
Übrigens hatte ich am nächsten Morgen eine seidenweiche Haut!

Ich war 5 Tage und Nächte in Guntersdorf. Zu kurz um wirklich alle Hunde intensiv kennenzulernen.. Liebenswert sind sie alle, jeder auf seine Weise. Diese vier habe ich halt besonders gut kennen- und lieben gelernt.

 

Gerdi, der gute Geist von Guntersdorf

Sie ist die begehrteste Frau in Guntersdorf 8. Denn Gerdi ist, neben ihren vielen anderen Aufgaben, die Herrin der Küche. Da wären alle Hunde gern drin. Aber der Eingang ist durch ein Gitter gesichert. Und das ist gut so. Davor stehen, hampeln und trampeln dann 2x täglich alle Hunde, und schauen sehnsüchtig zu Gerdi hinein, die auf einer Ablagefläche von höchstens 80 cm mit den Schüsseln zaubert. Jeder will der Tür am nächsten sein. Es wird geschubst, gedrängelt, geknurrt und manchmal auch gerauft. Gerdi hört am Bellen, wer sich mal wieder daneben benimmt. Sofort gibt’s für den Störenfried ein personalisiertes, verbales Donnerwetter, das auch im letzten Winkel des Hauses noch gut zu hören ist. Und dann ist erst mal wieder Ruhe. So für 1 bis 2 Minuten, bis der nächste, ob der leckeren Fressensdüfte die aus der Küche wabern, ausflippt.

Hier kommen täglich 2 x 24 Schüsseln raus. Keine Schüssel ist gefüllt wie die andere. Jeder bekommt hier nämlich genau das, was er braucht. Die Alten, die Jungen, die Verfressenen, die mäkeligen Esser, die Zahnlosen, die Kranken....Hier etwas Grünlippmuschel, dort ein gelbes Pülverchen oder ein Schüsschen Lebertran. Sie hat das alles im Kopf. Und sie weiß auch, wer gestern Durchfall hatte oder Verstopfung deshalb heute etwas anderes bekommen muss als gestern.

Monsterhaft große Brekkies (die nennen sie hier Pöppels), für Batista, damit er starke Knochen kriegt (schließlich wächst das 80 kg Baby ja noch). Der fast zahnlose Fierek bekommt einen Gemüse-Fleischbrei. Für die klapperdürre alte Leva, die sehr mäkelig frisst, und nur sehr wenig verträgt, lässt sie sich jeden Tag was Neues einfallen: Da wird dann ganz nebenbei noch eine kräftige Fleischbrühe gekocht, die eines Sterne-Lokals würdig wäre. (Gerdi ich gebs zu, ich hab heimlich mal ein Löffelchen genascht…).

Mit dem Fleisch hantiert sie nicht gern rum, denn Gerdi ist Vegetarierin. Fleisch gibt’s in Gunterdorf zwar immer satt, aber nur für die Hunde.

Bei den Medikamenten wird täglich im Buch abgestrichen, wer was wann erhalten hat. Einige Pillen kommen direkt ins Futter, andere verteilt Gerdi erst nach dem Fressen. Getarnt in Frischkäse, direkt aus ihrer Hand. Ein paar ganz Schlaue probieren immer das gleiche Spiel: Käse schlucken, Pille spucken. Dann holt Gerdi ihre ‚Geheimwaffe’ aus der Küche: Leberkäs! Das klappt immer!

Gerdi ist nicht nur eine tolle Hundefutterköchin, sondern verwöhnt auch die Guntersdorfer Zweibeiner mit ihren Koch- und Backkünsten. Allerdings immer erst nach den Vierbeinern. So gehört sich das eben in Guntersdorf. (mw)