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Sonntagmorgen in Guntersdorf

Langsam wird aus dem Schwarz des Tiefschlafs ein helles Gelb, das sich als sonniger Sonntag morgen in meinem Schlafzimmer breit macht. Sarah liegt mit mir unter der Bettdecke, Milo und Elfie lümmeln gleich eine Armlänge neben mir auf der Couch, die mein ohnehin überbreites Bett noch vergrößert. Zora, die puristische Irish Setter-Dame liegt auf dem Fleckerl-Teppich vor meinem Bett, obwohl noch zwei Couchen frei sind.

Mit geschlossenen Augen versuche ich zu erfühlen, ob sie noch schlafen, oder schon wach sind - sie sind wach... Gespannt erwarten die Hunde den Tag, und vor allem versuchen sie, mich mit ihren Blicken zu piecksen und aufzuwecken. Nun ja, es hat funktioniert.
„Guten Morgen, Sarah, mein Herz.“ Bei meinen Worten dreht sie sich auf den Rücken und läßt sich den Bauch kraulen. Auch Elfie und Milo warten schon schwanzwedelnd, daß ich ihnen einen guten Morgen wünsche. Zora konnte wieder mal nicht warten und hat in der Zwischenzeit aus lauter Freude über den neuen Tag das Zimmer schon verlassen, ist die Treppe runtergestürmt und dreht bellend die erste Runde im Garten. Ich strecke mich noch mal und weiß, daß sie auf keinen Fall mehr länger warten werden - Sonntag hin, ausschlafen her.

Mal seh‘n, ob der Rest der zwei- und vierbeinigen Meute im Erdgeschoß schon wach ist. Ich kraxle aus dem Bett, und während ich mich anziehe - scheinbar haben sie unten schon gehorcht, wann sich endlich was rührt - kommen Wanda, Kali, Goody und Rita die Treppe hoch, schubsen die Tür auf und entern mein Zimmer. Jetzt ist endgültig klar: der neue Tag hat begonnen.
Auf meinem Weg nach unten sehe ich Wanda, wie sie ganz sachte Lisas angelehnte Zimmertür anstupst, reinschleicht und für eine kurze Kuschelrunde versucht, zu Lisa ins Bett zu schlüpfen. Aber Lisa möchte noch schlafen, also dampft Wanda wieder ab und grummelt „Lisa ist eine Schlafmütze“. Als ich runter komme schau ich mal, wer sich schon im Garten tummelt: außer dem alten Böck und dem schönen Luka nur Zora. Sie liegt jetzt in der fahlen Morgensonne auf einem der Sofas, die in der warmen Jahreszeit draußen an der Hauswand stehen, und sie lacht mich an: „Na, auch endlich da?“ In der Stube schläft nur noch Fielmann, der mit seinen 18 Jahren etwas mehr Schönheitsschlaf braucht.

Ein Blick auf Gabis weit offene Zimmertür zeigt mir, daß auch hier die Schatten und die Ruhe der Nacht von den Hunden schon vertrieben wurden. Das Fragezeichen das so verkrümmt im Bett liegt ist Gabi, Kuni kann ich unter dem Deckenwust nur vermuten, und die feenhafte Savannah hat den „Sprung“ in Gabis Bett scheint’s auch geschafft. Sie macht sich klitzeklein und hält sich ganz ruhig, gibt vor gar nicht vorhanden zu sein, dann kann man sie auch nicht aus dem Bett werfen.
Der Troß, der mit mir in Gabis Zimmer einfällt, veranlaßt Angelina sofort zum Knurren. Ein Ortsunkundiger wäre einigermaßen verwirrt, denn Angelina residiert unter Gabis Schreibtisch, der einzige Platz im ganzen Haus, der Angelina sicher genug erscheint, um dort die Nacht und - wenn viele Besucher kommen - auch so manchen Tag zu verbringen.
Coba, noch im nachtblauen Negligé, schlüpft unter der Wolldecke raus, rutscht ganz lässig von der Couch runter, streckt sich und seine 70 Kilo Lebendgewicht und schaut eigentlich in seinem Outfit eher komisch aus als beeindruckend.

Langsam steigt die Spannung, die Hunde werden immer aufgeregter, sie drängeln von Zimmer zu Zimmer, in den ersten Stock und wieder runter. Endlich, endlich ist was los! Gerade noch kann ich Gabi durch Handzeichen verständlich machen, daß ich jetzt spazierengehen werde - ein Aufschub würde nicht mehr toleriert. Auch Gabi schlüpft schnell in Klamotten, und wir versuchen beide, trotz Gerempel und Geschubse unsere Schuhe anzuziehen. Lebensfreude pur schwappt über uns hinweg, reißt uns mit. Von der ruhigen, sonntäglichen Morgenstunde ist nichts mehr übrig, aufgeregte, glühende, erwartungsvolle und glückliche Hundegesichter lassen uns aber auch nichts vermissen.

Endlich sind die Schuhe geschnürt, die Jacken angezogen, die Leckerchen eingesteckt, die Leinen umgehängt - und los geht’s.

Neun Hunde stürmen voraus zum Gartentor, und als wir es endlich öffnen, drängeln sie an uns vorbei ins Freie: Guten Morgen Guntersdorf! (lh)


Für Hunde ist immer irgendwie Sonntag, oder?